Sinnieren

Sinnieren

Ich will nicht von früher reden. Früher war alles anders und vor allem: besser und schöner. Heute ist heute und darüber will ich sinnieren.

Zum Beispiel mache ich mir Gedanken darüber, weshalb viele (zum Glück nicht alle!) Gottesdienste so trostlos sind. Sie sind für viele unbefriedigend, nichtssagend. Woran mag das liegen?

Kurz gesagt: Es hält jemand den Gottesdienst, der gerade Zeit hat. Küsterdienst macht jemand, der gerade Zeit hat. Die Orgel spielt, wer gerade Zeit hat. Die Lesungen liest, wer gerade Zeit hat. So kommt eine nicht gute Unordnung zustande. Niemand weiß so recht, worauf er sich einlassen muss. Beliebigkeit ist ein Begriff, der hier eigentlich nicht hingehört.

Nicht unbedeutend ist auch eine Sicherheit, wann die Gottesdienste gefeiert werden. Wechselnde Termine und Zeiten schrecken Besucher ab. Woher soll jemand wissen, ob der nächste Sonntag der dritte oder zweite oder letzte Sonntag im Monat ist. Oder handelt es sich dann um einen Früh- oder Spätgottesdienst? Jeden Sonntag um 10 Uhr wäre z. B. eine sichere Option.

Den Gottesdienst muss nicht ein Pastor oder eine Pastorin halten. Es gibt etliche aus der Gemeinde, die befähigt sind. Es kommt eigentlich nur darauf an, dass eine Regelmäßigkeit gibt. Wird die Liturgie gesungen oder nur gesprochen; oder gibt es eine Mischung: der Liturg singt seinen Part und die Gemeinde antwortet sprechend. Wer klärt auf?

Sinnvoll wäre eine Person, die denjenigen, der z. B. vertretungsweise den Gottesdienst übernommen hat, entsprechend in die Gewohnheiten einführt. Viele Gemeinden haben zwar irgendwo schriftlich ihre Ordnung verfasst, im großen Rahmen oder in allen Einzelheiten, aber wo findet man sie?

Diese Person kann der Küster oder die Küsterin sein, weil anzunehmen ist, dass er oder sie fast jeden Gottesdienst begleitet und auch am ehesten merkt, worauf besonderer Augenmerk zu richten ist. Wenn die Küsterdienste aber im wilden Wechsel wahrgenommen werden, wird das keine große Hilfe sein. Andere verlässliche Personen sind dann denkbar.

Begleitung ist auch ratsam für gewisse Gottesdienstbesucher, besonders für fremde. Wenn sie in die Gepflogenheiten der Gemeinde eingeführt werden, können sie mehr Sicherheit erlangen. Gibt es noch Gemeinden, in denen in der Kirche Männer und Frauen auf getrennten Seiten sitzen und nur Verlobte oder Verheiratete nebeneinander Platz nehmen dürfen? Solche Gemeinden gab es, allerdings heute wohl nicht mehr. Wie treten diejenigen an den Altar heran, die am Abendmahl teilnehmen möchten? Hinweise helfen hier auch.

Die Lesungen, Epistel und Evangelium, bedeuten auch eine besondere Herausforderung. Es ist schon gut, wenn Texte gelesen werden, die den Hörern über die Jahre vertraut sind. „Moderne“ Übersetzungen und Lesungen aus anderen Übersetzungen ergötzen eigentlich nur denjenigen, der sie zu Hause ausgesucht hat und meint, der Gemeinde damit einen Dienst zu erweisen. Lesen will geübt sein. Es gibt da einige Stolperstellen und gerade die Paulusbriefe bieten eine besondere Herausforderung.

Der Dienst an der Orgel ist ein sehr schwieriger. Orgelspielen will gelernt sein. Die Orgel ist kein Klavier. Laut spielen ist keine Kunst, weil man nur die entsprechenden Register ziehen muss. Die eigentliche Melodie wird damit oft derart verdeckt bzw. überdeckt, dass sie nicht mehr erkannt wird. Ist es wirklich eine Hilfe, wenn die Orgel lauter und lauter wird, je leiser oder verhaltener die Gemeinde singt? Übrigens muss die gesungene Liturgie nicht durch die Orgel begleitet werden.

Langjährige Gottesdienstbesucher wissen inzwischen, wie freudige Lieder einen traurigen Klang bekommen. Das richtige, dem Text angemessene Tempo, müsste eigentlich keine Schwierigkeit sein. Singt der Organist die Strophen mit oder spielt er nur die Noten? Übrigens ist es einfach, die entsprechenden Tasten zu drücken, z. B. das hohe C und die Töne darüber, als sie auch zu singen. Nicht alle Gottesdienstbesucher sind trainierte Sänger.

Fazit: Ein Gottesdienst soll Freude bereiten, soll ansprechen, Mut machen, Gemeinschaft stiften, nachdenklich stimmen; die frohe Botschaft soll anstecken, begeistern. Das ist keine einfache Aufgabe, aber man sollte alles möglich machen, um dem nahe zu kommen.